Rope (Cocktail für eine Leiche, 1948)

Zum ersten, aber gewiss nicht zum letzten Mal ist Meister Hitchcock zu Besuch in der Zauberlaterne. Sein Debüt in Simons & Sebastians Programmkino ist ein knackiger 80minüter mit moralisch verdorbenen Studenten, einem einzigen Schauplatz, langen Takes und Jimmy Stewart. Ein Experiment, das Grenzen auslotet, sowohl die der Inszenierung als auch des Hollywoodschen Moralkodex‘.

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6 thoughts on “Rope (Cocktail für eine Leiche, 1948)

  1. Julien says:

    Hallo,

    Ich muss etwas von vornherein gestehen: Das ist mein erster hitchcock-Film. Die Vögel, psycho, vertigo sind schon lang auf meine Liste, kam allerdings noch nicht dazu, aber bald, jetzt wo ich rope gesehen habe.

    Die Schnitte sind mir ehrlich gesagt gar nicht aufgefallen, aber ich habe auch nicht darauf geachtet. Die Story und die steigende Spannung haben mich gepackt, und ich war drin.

    Den homosexuellen subtext habe ich wahrgenommen, allerdings nicht wie eine Beziehung zwischen den beiden. Philipp schaut auf Brendon hinauf, und es ist Liebe zu erkennen. Brandon ist es aber egal. Er liebt nicht Philipp, er liebt nur sich selbst und genießt die Aufmerksamkeit. Es geht nur um Macht und benutze die Sexualität als Werkzeug, um andere zu dominieren, egal ob Man oder Frau. Hat mich in dieser Hinsicht sehr an „Tropfen auf heißen Steine“ erinnert, von Fassbinder.

    Für mich ist der hitchcock schon der Moralapostel, gerade im Hinblick auf dem 3. Reich. Wie konnte man Menschen umbringen aufgrund einer sogenannte Überlegenheit, und es logisch und kaltherzig rechtfertigen. Das ist sprichwörtlich das mikroskosmos des damaligen Weltgeschehen. Solche Argumente kamen bestimmt zu Haufen während den Nürnberger Prozess.

    Ich habe es schon hier geschrieben, aber ich sehe schon viele parallelen zum Film, den ihr in 3 Wochen bespricht (dreieckbeziehung, Überlegenheit von bestimmte Personen, Faschismus,…) . Ich freue mich darauf.

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  2. Don says:

    Ich finde es sehr symbolhaft, als Rupert beim Öffnen der Kiste die ganzen Bücher vom Deckel stößt:
    Rupert, der Theoretiker, wird mit der Realität konfrontiert und sein ganzes belesenes Weltbild stürzt in sich zusammen.

    Karl Marx hat ja in den Thesen zu Feuerbach geschrieben:
    „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“

    Was passiert, wenn jemand diese These beherzigt, haben wir v.a. im 20. Jhd. vielfach gesehen und stets endete es furchtbar!

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  3. Rupek says:

    Welch eine Freude, dass ihr heute einen meiner liebsten Hitchcock- Filme besprochen habt. Ich musste schmunzeln: was ihr als Haare in der Suppe bezeichnet, ist das, was ich gerade so an dem Film mag. Klar macht es Spaß, wenn man eine Identifikationsfigur hat. Aber böse Menschen in einer bösen Welt finde ich genauso spannend.
    Überrascht war ich, dass ihr dem homosexuellen Aspekt so viel Zeit eingeräumt habt. Interessant auf jeden Fall, aber auch notwendig? Natürlich ist die schwule wie schwüle Stimmung des Films auch mir augefallen. Aber ich fand diesen Aspekt für die Geschichte, die mir erzählt wird, weitgehend unerheblich. Und die Frage, ob es in ordnung sei, Schwule als Mörder darzustellen, kann auch nur in unserer aktuell hocherhitzten Debattenkultur gestellt werden. Es gibt gute Menschen und es gibt abgrundtief böse Menschen und auch alles dazwischen. Da spelen Hautfarbe oder sexuelle Ausrichtung keine Rolle.
    Noch ein Wort zu Brandon: Natürlich will er erwischt werden. Aber nicht um für etwas büßen zu müssen. Er fühlt sich so überlegen. dass er es ja geradezu herausschreien möchte:“Seht nur, welch überlegener Geist ich bin. Ihr müsst mich für mein Genie bewundern. Mein überlegenes Superhirn hat den perfekten Mord ersonnen und zur Kunst erhoben.“ Wobei Mord nicht das richtige Wort ist. Für ihn war es ein Dienst an der Gemeinschaft der Übermenschen. Er will nicht ins Gefängnis, er will für sein Genius bewundert werden. Und daher soll es auch jeder wissen.
    Auch wenn ich wahrlich nicht in allen Punkten einer Meinung mit euch bin, so war eure Besprechung wie immer sehr erhellend. Ob Star Trek oder Filme, eure Gespräche erweitern meinen Horizont. Klingt etwas pathetisch, ist aber ganz ernst gemeint. Macht weiter so!

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  4. Tim says:

    War wieder eine große Freude, bei eurem Filmgespräch dabei sein zu dürfen. Und Hitch ist natürlich immer ein Garant für gehaltvolles Kino.

    Um mal aus dem philosophischen Nähkästchen zu plaudern: Einen „Untermenschen“ kennt Nietzsche so natürlich nicht. Für ihn ist (ganz stark verkürzt jetzt) der „Übermensch“ das, was nach dem Menschen kommt, der „überwunden werden muss“ – er, der Mensch, soll sich also zu etwas höherem, dem Übermenschen, entwickeln. „Untermenschen“ sind eine Idee, die die Nazi-Ideologie dann daraus macht… Darauf spielt der Film ja explizit auch an. Dazu passt die Aussage von Rupert, das Simon zitiert:

    „But you’ve given my words a meaning that I never dreamed of! And you’ve tried to twist them into a cold, logical excuse for your ugly murder!“

    (Ich frage mich an der Stelle auch, ob es reiner Zufall ist, dass der so grausam Ermordete David heißt…)

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  5. Mister Incredible says:

    Moin zusammen,

    Das war wieder ein großer Spaß 1. den Film zu gucken und 2. Euch zuzuhören. Sehr gut kann ich mich an die Wiederaufführung im Jahr 1983 erinnern. Neben „Cocktail für eine Leiche“ waren es noch
    „Das Fenster zum Hof“
    „Immer Ärger mit Harry“
    „Der Mann, der zuviel wusste“ – und mein absoluter Favorit:
    „Vertigo – aus dem Reich der Toten“
    Hitchcock hatte die Aufführungsrechte an diesen fünf Filmen erworben und hielt diese als Altersvorsorge für seine Tochter zurück. Ich möchte mich fragen: hatte er nicht genügend Schotter, den er hätte gewinnbringend anlegen können? Julien (erstem Kommentator) kann ich nur versprechen: Vertigo ist ein Augen- und Seelenschmaus!

    Die Details mit dem theaterhaften Dreh fast ohne Schnitt waren mir wohl bewusst – das ist immer das erste, was allen dazu einfällt, wenn der Filmtitel genannt wird. Dass aber dieses Monstrum von Filmkamera durch die Gegend bewegt werden musste, noch dazu durch Kulissen auf Rollen, war mir neu. Das schwere Teil erklärt auch das leichte Ruckeln, als es einmal von statischer zu bewegter Szene übergeht.

    Ich hab mir mal die Wikipedia-Seite aufgerufen, die das Technicolor-Verfahren, von denen es mehrere gab (!!!), erklärt wird. Da stehen einem die Haare zu Berge, so kompliziert ist dieses Handwerk, und das alles war quasi mechanisch und chemisch, nix digital, und dennoch – diese Qualität. „The Wizard of Oz“ wird hier immer als Paradebeispiel genannt. Knallbunt, natürlich! Der Hammer.

    Die BlueRay wirkte auf mich in ihrer Qualität frisch und lebendig, die Dialoge und schauspielerischen Leistungen über so viele Minuten und ganz ohne Unterbrechung sehr professionell, und ich war erstaunt zu lesen, dass dieses Werk von 1948 ist. Ich hätte es locker 10 Jahre jünger geschätzt, mindestens.

    Die Spannung, ob den jemand die Kiste öffnet, war beim ersten Schauen natürlich da, wie es immer Spannung und auch Schrecken gibt bei Hitchcock. Leider kann man ja die Erinnerung nicht auslöschen, so dass der Nervenkitzel dann nachlässt. Aber ob Psycho, Vertigo oder auch Family Plot – das war immer ein Hochgenuss..

    Wieder mal habe ich nicht darauf geachtet, wie viele der Party-Futteralien wirklich von den Darstellern verzehrt wird. Das Dessert (angeblich Eiscreme und vermutlich Plastik) erinnerte mich an den „Kosakenzipfel“ von Loriot. Wie man hört, sind Ess-Szenen immer problematisch, weil jede Wiederholung „noch mehr essen“ bedeutet und man daher damit immer sehr sparsam umgeht und Reden mit vollem Mund meistens vermieden wird. (Außer bei TOS 3.13 mit der hungrigen Elaan).

    Sehr beeindruckend fand ich die schummriger werdende Skyline und ihre dampfenden Schlote, da muss doch einer ständig Theaternebel rein geblasen haben… und das sah ziemlich echt aus.

    Ein gelungenes Filmexperiment mit hohem Unterhaltungswert. Kleine Schwächen übersehe ich da gnädig, denn mir fällt dazu nur ein, dass die Machart und der experimentelle Charakter, gerade unter den Erschwernissen der Produktion wie gehört, ihrer Zeit weit voraus waren.

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  6. Tom says:

    Lustig dass ihr erwähnt, dass der Film wie eine Columbo Folge ist. Die Columbo Folge Luzifers Schüler beruht lose auf dem bekannten Mörderpaar.
    Den Film „Der Zwang zum Bösen“ von 1959 kann ich zu dem Thema auch empfehlen. Ein sehr guter Film.

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