Judgment at Nuremberg (Urteil von Nürnberg, 1961)

Im Jahr 1961 wollte Regisseur Stanley Kramer gegen die bereits einsetzende Holocaust-Vergessenskultur arbeiten, wachrütteln, ein unfassbares und schreckliches Thema aufarbeiten mit den Mitteln des Gerichtsdramas und einem Riesenaufgebot an Hollywoodstars von Spencer Tracy bis Judy Garland. Mit „Judgment at Nuremberg“ läuft in der Laterne ein wuchtiger und wichtiger Film, den alle gesehen haben sollten.

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6 thoughts on “Judgment at Nuremberg (Urteil von Nürnberg, 1961)

  1. Alexandra says:

    Ein wichtiger Film, um aus der schrecklichen Vergangenheit der NS-Zeit zu lernen, um die vergangenen Fehler nicht zu wiederholen – Geradezu im­mens wichtig, was die aktuellen antisemitischen Taten gegen die jüdische Bevölkerung auf der Welt, welche momentan sehr stark angegriffen werden von einigen Leuten (Ich glaube nicht, dass ich da jetzt einen nennenswerten Begriff erwähnen muss, wenn man sich die Nachrichten Tag für Tag anschaut), obwohl diese denen nichts getan haben, auch wenn sie nicht in Israel leben, sondern in Amerika oder Europa und oder anderswo.

    Maximilian Schell, kenne ich aus der Fernseherdokumentationsreihe Terra X: Imperium (lief von 2004 bis 2011), welche ich ab und zu geschaut habe und sehr interessante Themen gezeigt haben.

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  2. Sören says:

    Vielen Dank, dass ihr diesen wichtigen Film auf die Agenda gesetzt habt. In meinen Augen bleibt Eure Besprechung aber an der Oberfläche – ich kann verstehen, dass ihr Filme in der Zauberlaterne nicht so auseinandernehmen könnt, wie es beispielsweise mit den Star Trek Filmen macht. In diesem Falle aber wäre hier mehr auch mehr gewesen. Allein die schauspielerischen Darstellungen von Lancaster, Schell und Tracy hätten eine detailliertere Auseinandersetzung gerechtfertigt.
    Ich denke es hätte auch mehr Kontext bedurft: hier habt ihr Aspekte zwar erwähnt bzw. gestreift, aber gerade bei diesem Thema ist eine Einordnung für das Verständnis wichtig: Die Bedeutung der Nürnberger Prozesse in der Rechtsgeschichte, die Auseinandersetzung um „Siegerjustiz“ und „Gerechtigkeit“, Bewältigung des Traumas „Krieg“, sowohl bei Opfern von Tätern, der Ost-West-Konflikt, die Rolle ehemaliger NS-Beamter beim Aufbau der Bundesrepublik.

    Gut gelungen finde ich, dass der Film Mythen entzaubert: Der Holocaust war die Tat einer kleinen verbrecherischen Clique; es gab zwar Mitläufer, aber die haben ja nur mitgemacht, weil sie keine andere Wahl hatten, eigentlich wussten die Deutschen nix von den Nazi Machenschaften, andere Staaten sind auch nicht besser. Es gibt noch weitere.

    In meinen Augen ist der Film kein Holocaust Film, sondern ein Film über Gerechtigkeit und Verantwortung, vor dem Hintergrund des Holocausts. Der Film macht klar, dass auch das größte Unrecht nicht vom Himmel fällt sondern in der Regel im Kleinen beginnt – in der Sprache des Films: „It started the first time when you sentenced a man you know who was innocent“

    Vielen Dank für den Tipp des Dokumentarfilms Holocaust. Ich hatte den seinerzeit im WDR gesehen, aber schon lange nicht mehr angeschaut.

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  3. Christian Berger says:

    Wenn ich euren Podcast so höre, fühle ich mich an einen ganz anderen Gerichtssaalsfilm erinnert, bei dem es auch um das Dritte Reich und seine Auswirkungen geht… das aber ganz anders angeht.
    Es handelt sich dabei um den Film „1. April 2000“ aus Österreich. Das ist eine Österreichische Sci-Fi-Propaganda-Komödie die nach dem 2. Weltkrieg herauskam, als die Westzonen Deutschlands schon vereinigt waren, Österreich aber noch nicht. In dem Film hält diese Situation bis ins Jahre 2000 an. Dort ruft der neu gewählte Kanzler seine Bürger dazu auf ihre Besatzungs-Personalausweise zu zerreißen. Daraufhin wird Österreich wegen Brechens des Weltfriedens vor Gericht gestellt.
    https://www.youtube.com/watch?v=ranM2OUjMMQ
    Das ist ein sehr merkwürdiger Film.

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  4. Wolf359 says:

    Vielen Dank, dass ihr diesen wichtigen und hervorragenden Film in die Zauberlaterne mit aufgenommen habt. Ich habe ihn mir nach langer Zeit mal wieder angeschaut (erstmals auch auf Englisch) und bin von der schauspielerischen Leistung beeindruckt, aber auch wie vielschichtig und differenziert das Thema behandelt wurde.

    Das Lied „Wenn wir marschieren“, welches man zum Beginn und zum Ende des Films hören kann, ist kein „Nazilied“, sondern ein altes Marsch-/Soldatenlied von ca. 1910. Ich denke, man hat bewusst keine „Nazilieder“ ausgewählt – das hätte wahrscheinlich schon 1961 rechtliche Probleme gegeben. Vielleicht wollte man auch zeigen, dass solche Lieder schon weit vor der Nazizeit Teil des „ganz normalen“ deutschen Kulturguts waren.

    Noch ein paar Anmerkungen / Gedanken:

    Ja, man muss den Amerikaner dankbar sein, dass sie nicht die Fehler des 1. Weltkriegs wiederholt haben. Sie hatten es aber auch leichter: Deutschland war zerstört, die allermeisten Menschen wollten wieder Frieden und mit der Demokratie kamen Wohlstand und Sicherheit. Deshalb hat die Demokratisierung in Westdeutschland auch so gut funktioniert.

    Gerne hätte ich mit meinem heutigen Wissen mit meinem Großvater über das Thema geredet, da er selbst Jurist im 3. Reich war und z.B. in die NSDAP eintreten musste (er war vorher SPD-Mitglied). Er hat sogar – schon im 3. Reich – einen SS-Mann angezeigt, kriegte dann aber zu verstehen, dass solche Aktionen eher nicht erwünscht sind – schließlich hat er doch Frau und Kinder… Er hat dann notgedrungen „mitgemacht“, aber galt als „unzuverlässig“, weshalb er jahrelang an der Ostfront war und auch nie befördert wurde. Er hat nie darüber gesprochen und ist Anfang der 80er gestorben, als ich noch sehr jung war – erst in den 90ern Jahren habe ich mich auch selbst mehr für das Thema 3. Reich interessiert. Einerseits durch die TV-Dokus von Guide Knopp, aber vor allem durch ein Projekt an meiner Schule, bei dem ich nicht nur die Schicksale jüdischer Schüler*innen an unserer Schule untersucht habe sondern mich auch durch Stunden Originalaufnahmen von Nazireden gehört habe. Da waren viele Aufnahmen, die damals nur mit einer Sondergenehmigung herausgegeben wurden. Gruselig!

    Thema Antisemitismus / AfD: Ich sehe den Erfolg der AfD vor allem in der Enttäuschung über andere Parteien. Die AfD hat es momentan sehr leicht. Viele unliebsame Themen (Einwanderung, Energiekrise) hat bis vor kurzem nur die AfD angesprochen. Sie hat zwar auch keine Lösungen, aber darum geht es den Menschen, die AfD wählen auch nicht unbedingt. Zum Glück scheint die CDU aufgewacht zu sein und macht wieder konservativere Politik.

    Und wenn ich so sehe, wer aktuell gerade auf den Straßen und im Internet antisemitische Hetze verbreitet, dann sind das vor allem Linke und muslimische Gruppen.

    Wie schnell das ganze Kippen kann zeigt doch der Umgang mit der Corona-Pandemie und die entsprechenden Maßnahmen. Da wurde – gerade auch von linksliberaler Seite – nach immer mehr Maßnahmen und Grundrechtseingriffen förmlich geschrien. Und auf dem Höhepunkt der Hysterie wurden Ungeimpfte mit einem Blinddarm verglichen (der natürlich entfernt werden muss). Ganz ehrlich: Noch so ein Jahr und es hätte vermutlich Forderungen nach Lagern gegeben. Alles natürlich nur zum Wohle der Mehrheit in diesem Land.
    Sorry, aber das war astreine „Nazisprache“. Ich selbst habe mich zwar impfen lassen, aber der Umgang mit Menschen, die den Maßnahmen kritisch gegenüber standen, fand ich widerwärtig und erschreckend.

    Es hat aber auch gezeigt: Im Krisenfall sind 70-80% der Menschen bereit auf wesentliche Grundrechte zu verzichten. Ich vermute, dass wir angesichts der zahlreichen Krisen in den nächsten Jahren eine deutliche Verschiebung in eine konservative / „rechte“ Politik sehen werden. Es wird vermutlich auch Einschränkungen bei der Meinungsfreiheit geben. Die EU-Außengrenzen werden zum großen Teil dicht gemacht und der Staat wird Zähne zeigen. Und ein Großteil der Menschen wird es gut finden.

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  5. Mistet Incredible says:

    Moin,

    Zunächst möchte ich der These widersprechen, dass der Umgang mit Ungeimpften in irgendeiner Weise mit den Nazigräueln verglichen werden könne. Wenn ich mich recht erinnere waren und sind es wohl eher die Querdenker und Verschwörungsgläubigen, die sich qua Fundamentalposition in der „Diktatur der Eliten“ wähnten und wähnen. Dass Fakten und wissenschaftliche Evidenz bei denen zur Vernunft führe, darf man kaum annehmen, daher wären Argumente wie „Latinum in die Pfütze.“

    Den Film kannte ich noch nicht. Wie mutig dem unbeachteten Prozess um die Richter Aufmerksamkeit zu schenken, und das im Jahr 1961 (welches in meinem Ausweis steht). Dass sich das deutsche Kinopublikum dem Stoff verweigerte, war zu erwarten, denn Sissy und Heiterheit made by Heinz Rühmann und Theo Lingen waren damals eher angesagt und „geh’n Se mit der Konjunktur“. Die Traumata und die Kollektivschuld der Nazizeit störten da eher.

    Mir gefiel das sagenhafte Staraufgebot und wie viel Zeit sich der Film nahm, allein für die Position der Frau Berthold „wir wussten nichts, wir sind keine Monster“, auf dem Spaziergang und beim Kaffeetrinken. Richter Haywood hatte einen Punkt: „Hattet ihr keine Augen und Ohren?“ Offensichtlich wollten die meisten nicht wissen wohin die Nachbarn verschwanden. Was ein jeder Richter hätte tun können und aus moralischen Gründen tun müssen/können im Amt unter den Nazi, wäre eine neuerliche Betrachtung wert. Ob hier eine Lösung des Dilemmas möglich gewesen wäre? Welchen Handlungsspielraum hätte man nutzen können? Wie bedauerlich, dass heute das Undenkbare anscheinend wieder denkbar wird. Schaue ich nach Thüringen, dem Geburtsort meiner Mutter, dann wird es mir übel. Kann es sein, dass wir bei politischer Bildung versagt haben? Was müssen wir schleunigst ändern und was können wir noch ändern? Können die Schulen etwas reparieren, auch mit Hilfe dieses Films?

    Stellenweise wirkte der Film wie die Dokumentation eines echten Prozesses, was sicher auch ein Verdienst der authentisch wirkenden Statisten ist. Aufgefallen wie sich Captain Ki…äh, Byers ins Bild reckt, als er von einem Dokument in der Hand des Anwalts Rolfe verdeckt wurde? Unser Shatty, wie er leibt und lebt…

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  6. Thomas L. says:

    Lieber Simon, lieber Sebastian,

    ich danke Euch für diese, wie ich finde, sehr gelungene Folge. Das Thema ist natürlich ein weites Feld und da ist immer noch mehr Tiefgang drin. Insofern hat Sören (Kommentar vor 1 Jahr) einen Punkt. Für mich war es – bezogen auf diesen Film – allerdings angemessen. Ihr sagt hier so viele schlaue Sachen und es tut gut Euch zu zu hören.

    Sebastians Urteil zur vierteiligen Fernsehserie Holocaust teile ich nicht ganz. Mag sein, dass sie filmische Schwächen hat, ich habe sie aber mit großem Erkenntnisgewinn geschaut und würde sie weiterempfehlen. Mir bleibt unter anderem immer die Szene im Kopf, in der die Juden im Ghetto beraten, wie es weiter gehen soll und argumentieren, dass die Nazis sie doch gar nicht alle umbringen können. Diese Monstrosität war für sie einfach unvorstellbar. Ich kann die Szene hier mit meinen Worten nicht gut wiedergeben, aber ich habe da ein Stück weit verstanden, warum sich damals so wenige dagegen gewehrt haben. Das ist ja auch ein Trauma, das Juden heute immer noch bewegt und zur Erklärung beiträgt, warum sich Israel so vehement verteidigt.

    Mich hat die Serie emotional sehr berührt. Ich finde auch das Meryl Streep und James Woods hervorragend spielen.

    Ähnlich stark berührt hat mich Der Pianist von Roman Polansky. Schindlers Liste hattet Ihr ja schon erwähnt. Erwähnenswert ist meines Erachtens auch der Film Die Wannseekonferenz (2022) von Matti Geschonneck. Sehr sehenswert und lehrreich, auch die Reaktionen der Zuschauer (viele Beamte aus dem Auswärtigen Amt) auf der Uraufführung.

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